Veröffentlichung: 04. August 2025 Zuletzt aktualisiert: 05. August 2025

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Schwindung bei TPE  
Einflussfaktoren, Analyse und moderne Messmethoden


Grit Müller, Team Application Engineering bei KRAIBURG TPE, informiert über die zentralen Einflussfaktoren von Schwindung im Spritzguss Thermoplastischer Elastomere (TPE). In dem Artikel gibt Sie Praxistipps aus ihrer langjährigen Erfahrung in der Anwendungstechnik und beschreibt, wie ein optisches Messverfahren hochpräzise Daten liefert.

In der Spritzgussverarbeitung Thermoplastischer Elastomere (TPE) ist die Schwindung ein zentraler Aspekt, der sich direkt auf Funktion, Design und Formstabilität auswirkt. Eine präzise Prognose und Steuerung dieses Effekts sind entscheidend – nicht nur für funktionale Eigenschaften des Bauteils, sondern auch für die Reproduzierbarkeit in der Serienproduktion. In unserem August Newsletter beleuchte ich die wesentlichen Einflussfaktoren, den praktischen Nutzen von Füllstudien sowie die Vermessung von Bauteilschwindung durch optische Prüfung.

Was bedeutet „Schwindung“ bei TPE?

Schwindung beschreibt die dimensionsbezogene Veränderung eines Kunststoffteils während und nach der Abkühlung. Bei TPE kommen neben thermischen auch elastomer-typische Effekte zum Tragen. Schwindung ist nicht konstant und variiert durch zahlreiche Einflussfaktoren. Die zu erwartende Schwindung ist bereits während der Entwicklungsphase im Design zu berücksichtigen und kann auch mit Simulationen beschrieben werden.

Einflussfaktoren auf die Schwindung

Mehrere Faktoren wirken direkt oder indirekt auf die Schwindung ein. Zu den besonders relevanten gehört Folgendes: 

1. Entformungstemperatur: Je höher die Entformungstemperatur, desto höher die Restenergie im Formteil – und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit nachträglicher Dimensionsänderung. 

2. Wandstärke: Dicke Bauteilwände speichern mehr Wärme und kühlen langsamer ab. Das führt zu ungleichmäßiger Schwindung, insbesondere im Kernbereich. Auch unterschiedliche Wanddicken führen zu unterschiedlichen Schwindungen und können für innere Spannungen im Bauteil verantwortlich sein.

3. Nachdruck und Nachdruckzeit: Der Nachdruck kompensiert das Schrumpfvolumen der Schmelze. Er ist mit Höhe und Dauer der einflussreichste Parameter im Spritzgussprozess. Zu geringer Nachdruck oder eine zu kurze Nachdruckphase führen dazu, dass sich Hohlräume bilden und die Schwindung unkontrolliert zunimmt. Ersichtlich kann dies durch Einfallstellen oder Vakuolen werden. 

4. Anteil an Füllstoffen: Höhere Füllstoffgehalte reduzieren die Schwindung, da sie das Materialvolumen stabilisieren oder die Schwindungsrichtung gar umkehren können. Gleichzeitig beeinflussen sie die Fließfähigkeit, Verarbeitungstemperatur und mechanische Eigenschaften.

Neben diesen Hauptfaktoren beeinflussen auch Parameter wie Werkzeugtemperatur, Schmelzetemperatur, Einspritzgeschwindigkeit und Kühlzeit das Schwindungsverhalten – deren Gewichtung hängt stark vom gewählten TPE-Typ und der Bauteilgeometrie ab.

Schwindungsmessung

Oftmals erfolgte die Schwindungsmessung über taktile Verfahren. Diese Methode ist zwar weit verbreitet, bringt aber bei sehr weichen TPE gewisse Einschränkungen mit sich. Selbst kleinste Druckkräfte beim Abtasten können minimale Verformungen verursachen, was zu Messverzerrungen führt und sich letztlich auf die Schwindungswerte im fertigen Bauteil auswirken kann.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, setzt KRAIBURG TPE seit 2023 ein kontaktloses optisches Messgerät ein. Dieses Verfahren basiert auf präziser Abstandsmessung gemäß DIN EN ISO 294-4, die speziell zur Bestimmung der Verarbeitungsschwindung und Nachschwindung von Thermoplasten vorgesehen ist. Als Prüfkörper dienen dabei normierte Spritzgussteile im Format 60 x 60 x 2 mm, bei denen sowohl in Fließrichtung als auch quer dazu gemessen wird. Die optische Erfassung erlaubt eine präzise Vermessung – unabhängig von der Shore-Härte des Materials – und bietet somit verlässliche Grundlagen für Werkzeugkonstruktion und Materialauswahl.

Praktische Empfehlungen aus dem Alltag

Aus unserer Erfahrung mit TPE-Projekten möchte ich abschließend einige Praxisregeln teilen:

  • Die Entformungstemperatur hat einen oft unterschätzten Einfluss – lieber konservativ als zu früh entformen.
  • Füllstudien durchführen, bevor systematisch optimiert wird – alles andere ist Ratespiel.
  • Kaltverteiler so dick dimensionieren, dass der Nachdruck auch wirken kann.
  • Füllstoffreiche Compounds haben eine geringere Schwindung – erfordern aber ggf. Anpassung beim Einspritzen. 

Hier stehen wir gerne mit Rat und Tat zur Seite und bieten alternative Compounds an.
 

Fazit

Die Schwindung bei Thermoplastischen Elastomeren ist ein vielschichtiges Prinzip, das nur im Zusammenspiel von Materialverständnis, prozesssicherer Werkzeug- und Verfahrenstechnik und geeigneter Messinstrumente zuverlässig beherrschbar ist. Füllstudien und gezielte Parametervariationen in Simulation und Realität sind der Schlüssel zum Prozess-Verständnis – moderne optische Messsysteme eröffnen dabei neue Möglichkeiten in Präzision und Effizienz.

Wie gehen Sie in Ihrer Praxis mit Schwindung um? Ich freue mich über Ihre Einblicke und Diskussion in den Kommentaren.

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